Manfred Wolfhard

Familien- und Ortsgeschichte

"Selbstbewusst, gewalttätig und wenig erzogen" - Hans Christoph von Zillenhardt (+1558)


Sehr oft erzwangen Feudalherren - auch Hans Christoph von Zillenhardt - von ihren Leibeigenen mehr Frohndienste als gerecht war.

Hans Christoph von Zillenhardt (1) war ein Bruder des Ortsherrn Hans Wolf. Und wenn Hans Wolf dienstlich abwesend war – in seinem Vogtamt Sigmaringen, oder in Stuttgart, oder in herzoglichen Diensten irgendwo – dann führte Hans Christoph in Dürnau und Gammelshausen stellvertretend für seinen Bruder das Regiment. Und das heftig! Er war impulsiv, scheute keinen Streit und legte sich mit klein und groß an, mit der herzoglichen Regierung in Stuttgart und deren Vogt in Göppingen genau so wie mit den Einwohnern oder mit Fremden. Die Einwohner von Dürnau und Gammelshausen waren seiner Willkür am direktesten ausgeliefert.

Im Juli 1534 provozierte er in einer Göppinger Wirtschaft seine Tischgenossen und deren Begleiter durch Sticheleien und Beleidigungen. Als er auch den Herzog verhöhnte, kam es zu einer Schlägerei, bei der er den Dr. Thomas Decker verwundete. Als er am nächsten Tag beim Göppinger Obervogt wohl gut Wetter machen wollte, merkte er schnell, dass der Vogt kein Verständnis für seine Händelei hatte. Er machte sich schnell aus dem Stasub, bevor man ihn festnehmen konnte. In seinem Dürnauer Territorium war er sicher.

Adrian Brouwer überlieferte dieses Bild einer Gaststätte. In dem lebhaften Getümmel ist ein Streit schnell entstanden.










Drei Reisende, die in Dürnau übernachten wollten, lud er in sein Schloss ein. Dies war vermutlich kein Prachtbau, denn eine Generation später baute Wolfgang von Zillenhardt das "alte" Schloss von Grund auf neu. Jedenfalls zogen die Reisenden das Wirtshaus vor. Dies erzürnte Hans Christoph derart, dass er ihnen am nächsten Morgen mit einem Knecht nachritt, sie im "Ausland" stellte und einen Streit mit ihnen begann. Einen drohte er zu erstechen, dessen Begleiter konnten den aufgebrachten Ritter jedoch in die Flucht schlagen.

Langsam wurde das Verhaltendes aufmüpfigen Ritters der württembergischen Regierung zu bunt, und der Obervogt in Göppingen wurde beauftragt gegen Zillenhardt einzuschreiten. Er setzte ihm eine Frist von einem Monat um sich zu verantworten. Doch Hans Christoph ließ die Frist verstreichen und höhnte gar, es sei jedermann unbenommen, ihn zu verklagen. Daraufhin ließ der Obervogt gegen Hans Christoph streifen, und tatsächlich gelang es dem Schultheiß von Gruibingen ihn zu fassen und ihm  das Gelübde abzunehmen, sich demnächst zu stellen.

Es dauerte dann bis 1538, bis er sich in Stuttgart verantworten musste. Inzwischen waren noch eine Menge Klagepunkte dazu gekommen, die das Verhalten des Hans Christoph gegen seine Untertanen in Dürnau und Gammelshausen betrafen: Der Junker hielt sich an keine Vereinbarungen, er beschränkte Weiderechte und Holzrechte, forderte ungerechtfertigte Dienstleistungen und richtete Flurschäden bei der Jagd an.. Ausschlaggebend war schließlich, dass er die Rechte württembergischer Leibeigenen in Dürnau verletzte und sich an Abgaben vergriff, die eigentlich Württemberg zustanden.

Bei der Verhandlung zeigte sich Hans Christoph einsichtig und reumütig., Er entschuldigte seine Eskapaden damit, dass ihn jugendlicher Sturm getrieben hätte, die Folgen seiner Taten nicht zu erkennen. Er bat ihn als einen Adeligen gnädig zu behandeln, und hatte tatsächlich Erfolg. Milde wurde er zu einer zweijährigen Bewährung verurteilt, denn seine Taten seien mehr aus Unverstand als aus bösem Willen geschehen.

In den Konfessionsstreitigkeiten blieben die Brüder Hans Wolf und Hans Christoph hart. Zwar akzeptierten sie 1545 unter württembergischen Druck den evangelischen Pfarrer Löblin, taten allerdings nichts um die desaströse wirt-schaftliche Lage der Pfarrei zu bessern, so dass Löblin nach etwa zwei Jahren auf eine andere Pfarrei wechselte. Das Interim (2) kam den Ortsherren gerade recht, die Pfarrstelle wieder katholisch zu besetzen. Und katholisch blieb sie auch über den Tod der beiden Junker hinaus. Hans Wolf starb am 1. Juli 1557, Hans Christoph 1558. Sein Sterbedatum ist nicht bekannt, als Bestattungsort kann man die Gruft in der Cyriakuskirche annehmen.




 


Anmerkungen:

(1)Die Daten über das Leben des Hans Christoph sind entnommen aus: Gustav Bossert: Die Reformation in Dürnau, Oberamt Göppingen; Blätter für württembergische Kirchengeschichte, Bd. 14/1910

(2)Das Interim: Nach dem Sieg über den Schmalkaldischen Bund der evangelischen Fürsten versuchte Kaiser Karl V. 1548 seine konfessionspolitischen Ziele durchzusetzen und die Reformation weitgehend rückgängig zu machen. Auch Württemberg musste sich dem Gesetz unterwerfen. Das Interim wurde 1552 wieder aufgehoben.