Das Dürnauer Schloss
Das Schloss der Grafen von Degenfeld ist nicht mehr vorhanden. Es wurde 1845 abgerissen. Was heute „Schlosshof“ genannt wird, ist der Wirtschaftshof des Gutsbetriebs, der zum Schloss gehörte. Wie das Schloss einmal ausgesehen – darüber fehlen verlässliche Zeugnisse.
Verlässlich ist hingegen der Grundriss, der bei der ersten kartographischen Erfassung der Dürnauer Gemarkung 1828 -also wenige Jahre vor dem Abriss - erfasst wurde, als das Schloss noch stand. Es ist von einem Wasser-graben umgeben und besteht aus zwei Gebäuden, die vom Wirtschaftshof über eine Brücke erreichbar sind. Eine zweite Brücke – wohl eher ein Steg – führt in den westlich gelegenen Gemüsegarten. Der Wirtschaftshof bildet ein unregelmäßiges Viereck. Erhalten sind die östlichen und südlichen Gebäudeteile. Die große Westscheune wurde in den 1950er Jahren abgebrochen. Das Gebäude jenseits der Straße war das ehemalige degenfeldische Amtshaus, das 1684 den Kapuzinern überlassen wurde und 2005 abbrannte. Eine Beschreibung des Schlosses aus dem Jahr 1844 stellt fest: „In der Mitte steht das aus großen Steinmassen und Eichbäumen erbaute, uralte Schloss, aus zwei Flügeln bestehend. Alles zeugt von hohem Alter und bekundet den Sitz von weiland stattlichen Rittern. Das Innere besteht aus wenigen, nicht prachtvollen, aber geräumigen Sälen. Die mehrere Fuß dicken Mauern haben an einigen Stellen starke Risse; Der tiefe Graben, welcher einst das ganze Schloss umfing, ist nun trocken gelegt und die ehemalige Zugbrücke durch eine steinerne Brücke ersetzt.“ (1)
Die älteste Abbildung des Schlosses stammt aus der Boller Landtafel von 1602. Die Dar-stellung ist im Original sehr klein, doch lässt sie das Grundprinzip der beiden Gebäudeflügel erken-nen. Die Archäologin Dr. Dorothea Ade, die die Ausgrabungen im Schlossareal 2007 leitete, nennt die Zeit von 1570 bis 1580 als Erbauungszeit des angeblich äl-teren Teils. Bauherr war der dama-lige Ortsherr Wolf von Zillenhardt, der die Familie Lazarus ins Dorf geholt hatte, wohl auch zur zur Aufbesserung seiner Einkünfte. (Siehe "Dürnau und die Familie Lazarus")
Detaillierter ist hier schon die Darstellung des Andreas Kieser 1683. Die beiden Bau-teile, die auch der Vermessungsgrundriss dokumentiert, sind hier deutlich zu unter-scheiden. Die Gebäude haben Walmdächer, die wohl vom Wiederaufbau nach dem Dreißig-jährigen Krieg unter Christoph Martin von Degenfeld herrühren. Bis 1684 war das Gebäude von Mitgliedern der Familie von Degenfeld bewohnt. Anschließend war es Sitz der bayerischen Verwaltung, ab 1711 dann der Kondominatsverwaltung.
Bei ihren Ausgrabungen stieß Frau Dr. Ade auf eine Brandschicht, die sie einem abgebrannten älteren und kleineren Vorgängerschloss zuordnet. Dies könnte der Burgstall der Herren von Westerstetten im 14./15 Jahrhundert gewesen sein, den dann Wilhelm I. von Zillenhardt übernahm, bevor er auch das ganze Dorf den Württembergern abkaufte.
Als Vorgängerbau dieses Burgstalls vermutet Frau Dr. Ade einen Wohnturm der Dürner von Dürnau, von dem allerdings keine Nachweise erbracht wurden. Die Dürner von Dürnau waren die ältesten Ortsherren. Sie hatten Streubesitz im Schurwald bis Waiblingen. Hier ist am Gräfin-Anna-Haus das Wappen der Dürner von Dürnau angebracht. Das Haus ging von den Dürnern in den Besitz des Hainz Wolfhard über, der es 1459 an den Herzog von Württemberg verkaufte. (2) Das Wappen der Dürner ist Vorbild für das gegenwärtige Dürnauer Ortswappen.
(1) Jürgen Schäfer: Puzzle der Schossgeschichte - Grabungen in Dürnau fördern Sensationelles zutage - Rätsel bleiben, NWZ 21.07.2008
(2) Siehe "Die Anfänge der Familie Wolfhard in Waiblingen"